Klimaschutz im Verkehr und Planungsbeschleunigung mit Bürgerbeteiligung bleiben auf der Agenda

Das Klimapaket der Bundesregierung reicht noch nicht aus und es kam Jahre zu spät, aber es ist deutlich besser als sein Ruf, wenn man die 173 Seiten einmal etwas genauer liest. Und in einigen Bereichen ist das Klimapaket sogar ein echter Erfolg – zum Beispiel bei der Elektromobilität.

Seit über einem Jahr betreue ich das Thema jetzt im Verkehrsausschuss für die SPD-Bundestagsfraktion und ich muss anerkennend feststellen: Insbesondere bei der Ladeinfrastruktur packt das Klimapaket genau die Probleme an, die seit Jahren die gewünschte Marktdurchdringung des batterieelektrischen Antriebs hemmen. Mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur sorgen wir dafür, dass künftig nicht nur in den Ballungsgebieten, sondern in ganz Deutschland ausreichend Ladesäulen aufgestellt werden. Was der Markt nicht regelt, regeln wir mit ordnungspolitischen Maßnahmen. U.a. werden wir mit einer Versorgungsauflage sicherstellen, dass an allen Tankstellen in Deutschland Ladepunkte angeboten werden. Die Förderprogramme werden so erweitert, dass auch Unternehmen in den Genuss einer Förderung kommen, die ihre Parkplätze nicht rund um die Uhr für den Publikumsverkehr öffnen können. Und: Im Wohneigentumsgesetz (WEG) werden endlich die Vorschriften für die Errichtung von Ladeinfrastruktur vereinfacht, so dass eine Minderheit nicht mehr den Einbau einer Ladestation verhindern kann. Vermieter müssen künftig dulden, wenn ihre Mieter eine Wallbox zum Laden ihres Fahrzeugs installieren.

Klotzen statt kleckern heißt es im Klimaschutzpaket auch in puncto Radverkehr. Über eine Milliarde Euro – mehr als jemals zuvor – wird die Bundesregierung in den nächsten Jahren insgesamt für die Verbesserung der Infrastruktur zur Verfügung stellen. Erstmals gibt es dann Finanzhilfen für investive Maßnahmen der Länder und Kommunen zur Realisierung von Radverkehrsnetzen, z.B. für den Ausbau von Fahrradstraßen, die Umnutzung von Fahrradstreifen in geschützte Radwege und für Baumaßnahmen zur Beschleunigung des Radverkehrs. Und es gibt Geld für Abstellanlangen und Fahrradparkhäuser, für den Radwegebau entlang von Landesstraßen sowie für den Ausbau der erforderlichen Infrastruktur für Lastenräder. Ich hoffe, dass sich Bund und Länder bei der notwendigen Verwaltungsvereinbarung dieses Mal nicht so viel Zeit lassen, wie bei den Radschnellwegen. Hier waren es fast zwei Jahre.

Auch in einem anderen Bereich werde ich im nächsten Jahr weiter daran arbeiten, dass wir mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene und die Wasserstraße verlagern. Hierfür brauchen wir an vielen Stellen den Ausbau und die Ertüchtigung der Infrastruktur, doch viele Projekte, auch in Schleswig-Holstein, gehen oft nur langsam voran, obwohl inzwischen ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Konservative und liberale Politiker sehen die wesentliche Ursache in den hohen Umweltanforderungen und der „Klagewut“ von Umweltverbänden und Bürger*innen. Sie fordern, dass der Bundestag per Gesetz Baumaßnahmen beschließt und so die Arbeit der Planfeststellungsbehörden ersetzt. Damit könnte eine Baumaßnahme nur durch das Bundesverfassungsgericht gestoppt werden. Gern wird dabei auf die guten Erfahrungen in Dänemark und den Niederlanden verwiesen.

Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass wir bei fünf Projekten derartige Maßnahmengesetze beschließen wollen. Gleich 2 Projekte sollen nach den Vorschlägen des Bundesverkehrsministeriums in Schleswig-Holstein so geplant werden: Neben der Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals soll der Ausbau der Bahnstrecke Niebüll – Klanxbüll – Westerland darunter fallen. Verwaltungsexperten haben allerdings große Zweifel, ob die erhoffte Beschleunigung mit der Planung per Gesetz erreicht werden kann.

Aus meiner Sicht sind zwei Punkte für eine Planungsbeschleunigung viel entscheidender: zum einen mehr Personal. Wir haben über mehrere Jahrzehnte bei den Infrastrukturverwaltungen und Planfeststellungsbehörden Stellen gestrichen und Anforderungen hochgesetzt, statt Menschen einzustellen und fortzubilden. Dieses führte häufig zur Überlastung der Verwaltungen und extrem langen Bearbeitungszeiten. In den vergangenen Jahren haben wir hier als SPD im Bundestag für Verbesserungen gesorgt und kämpfen auch dieser Tage in den Haushaltsverhandlungen für das Eisenbahnbundesamt und die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung um jede neue Stelle.

 

Der zweite Punkt ist die Verbesserung der gesellschaftlichen Akzeptanz. Dieses gelingt nur mit einer frühzeitigen Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe. Der Bedarf und der Nutzen eines Projektes sollte dabei nicht nur „kommuniziert“, sondern auch kritisch hinterfragt werden können. Bereits im ersten Ideenstadium können so Anregungen und Kritik aufgenommen werden. Außerdem sollte es selbstverständlich sein, bei großen Bauprojekten bis zur Fertigstellung eine Beteiligung der Menschen aktiv zu betreiben. Gerade der letzte Punkt wird in Kiel am Beispiel der Planungen zur Tram bereits aktiv umgesetzt.

Mathias Stein