Als Berichterstatter für Elektromobilität und alternative Kraftstoffe sowie für den Rad- und Fußverkehr finde ich die Querschüsse des Verkehrsministers inakzeptabel. Wir müssen uns schnell auf wirksame Maßnahmen einigen. Blockieren und Aufschieben ist keine Option mehr beim Klimaschutz. Ich freue mich daher, dass der Verkehrswende-Antrag der Kieler SPD auf dem Parteitag in Norderstedt eine so große Unterstützung bekommen hat. Er enthält viele Forderungen, die wir Verkehrspolitiker in der SPD-Bundestagsfraktion ebenfalls erheben.
Für mich persönlich sind folgende zehn Punkte für mehr Klimaschutz im Verkehr besonders wichtig:
- Einführung einer sozial ausgewogenen C02-Bepreisung, die auch das Einsparen von Emissionen belohnt.
- Einführung eines Tempolimits von 130 km/h auf Bundesautobahnen. Damit sparen wir nicht nur ein bis zwei Tonnen CO2 im Jahr, sondern können auch die Zahl der tödlichen Unfallopfer deutlich verringern.
- Möglichkeit für Städte, eine sozialverträgliche City-Maut einzuführen.
- Priorität für den emissionsfreien Individualverkehr: Mehr Platz und Sicherheit für den Radverkehr in der Stadt.
- Priorität für den emissionssparenden ÖPNV und Schienenverkehr: Ausbau des Angebots, Verbesserung der Qualität und Senkung der Preise.
- Weiterführung der finanziellen Förderung der Elektromobilität und Ergänzung durch eine Kaufprämie für E-Fahrräder.
- Abbau der Vergünstigungen für umweltschädliche Kraftstoffe wie Kerosin und Diesel
- Entschlossener Umstieg auf alternative, umweltfreundliche Antriebe bei Straße, Schiene und Wasserstraße.
- Digitalisierung für ein effizienteres und ein besseres Mobilitätsangebot nutzen: stärkere gemeinsame Nutzung des individuellen Verkehrs vor allem in den Städten und stärkere Individualisierung des öffentlichen Nahverkehrs vor allem in städtischen Randgebieten und auf dem Land.
- Vermeidung von Verkehr durch ein Umdenken in der Stadt- und Raumplanung sowie eine andere Organisation von Arbeit mit mehr Homeoffice-Möglichkeiten, wo dies möglich ist.
Wir brauchen eine Mobilität, die das Klima schützt, die Gesundheit der Menschen nicht belastet und für alle bezahlbar bleibt. Die SPD hat dabei klare Positionen, wie das zu erreichen ist. Als zuständiger Minister ist nun aber zunächst der Bundesverkehrsminister Scheuer am Zug, ein Konzept zu erarbeiten und im Klimakabinett vorzustellen. Er darf den klimafreundlichen Fortschritt in der Verkehrspolitik nicht weiter blockieren! Das Klimaschutzgesetz muss – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – dieses Jahr beschlossen werden.
Umweltfreundlich mobil in Europa
Wir leben in Europa und genießen viele Freiheiten. Nicht umsonst wird die Europäische Union als großes und erfolgreiches Friedensprojekt beschrieben. Eigentlich kaum zu glauben: Denn vor mehr als 70 Jahren war Europa tief gespalten. Der gesamte Kontinent lag in Schutt und Asche. Die Europäer*innen standen vor dem Nichts. Man musste sich erst einmal wieder an sein Gegenüber gewöhnen. Dass andere Sprachen kein Zeichen von Feindlichkeit darstellen, sondern Chance für eine gemeinsame Zukunft sind, musste erlernt werden. Von dort war es ein langer Weg, der aber mit viel Arbeit zu einem erfolgreichen Projekt wurde.
Viele Menschen, die heute hier leben, sind aber mit einer ganz anderen Sicht aufgewachsen. Besonders junge Menschen kennen Europa nur als einen geeinten Kontinent: Sie stehen sich nicht im Streit gegenüber, sondern tauschen sich kulturell, politisch oder sozial aus. Sie empfinden das als hilfreich und lernen viel voneinander. Dass wir alle – auch die älteren Generationen – überhaupt die Möglichkeit haben, uns ohne Hürden auszutauschen, liegt auch an europäischen Vereinbarungen wie dem Schengener Abkommen. Das Übereinkommen vom 14. Juni 1985 baute Stück für Stück die Grenzkontrollen zwischen den Ländern Frankreich, Deutschland und den Benelux-Staaten ab. Heute umfasst der Schengen-Raum 22 EU-Staaten und vier Nicht-EU-Staaten (Norwegen, Island, Schweiz und Lichtenstein). Die Grenzen verschwanden und das Gefühl der Gemeinsamkeit wuchs.
Ein europäisches Projekt spiegelt diese Reisefreiheit unseres Kontinents in besonderer Weise wieder: Das „Interrail-Ticket“. Grundsätzlich ist es nur eine Art Zugticket. Aber bei jeder Fahrt ist der Geist der europäischen Reisefreiheit mit an Bord. In den 1970ern entstanden, sollte es damals dem aufkommenden Rucksacktourismus eine preisgünstige Alternative der Fortbewegung bieten. Junge Leute bis 21 hatten so die Möglichkeit Europa kennenzulernen. Und: Bereits 1991, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem Fall des Eisernen Vorhangs, war eine Reise nach Osteuropa möglich. Der daraus entstandene Austausch ist eine integrative Leistung, die einfacher und direkter vermutlich hätte nicht stattfinden können. 1991 reiste ich selbst als junger Mann mit Interrail durch Europa über die Niederlande, Belgien und die Schweiz bis nach Griechenland. Die Eindrücke dieser Reise prägen noch immer meinen Blick auf Europa.
An Protesten wie #FridaysforFuture erkennt man, dass das Bewusstsein für den Umweltschutz wächst. Trotzdem wollen wir mobil bleiben. Nicht nur aus kultureller, sondern auch aus ökologischer Sicht ist Interrail und der Zugverkehr in Europa deswegen ein perfekter Kompromiss aus Entwicklung und Ökologie, den es zu unterstützen gilt. Unser Ziel ist es, Europa noch stärker zu vernetzen und unsere Umwelt zu schützen. Der Bahnverkehr vereint beides. Nutzen wir also die Chance und stellen wir unsere Mobilität auf nachhaltige Varianten um: Mit dem Willen zum Umdenken und mehr Geld für eine europaweite Mobilität.
